Historie

1948 hatten die Mitgliedsfirmen der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler allen Grund zum Feiern. Es war ein besonderes Jahr für den Verein, da die seit Ende des Krieges völlig brachliegende Schifffahrt wieder auflebte. Die Schiffsmakler in Hamburg hatten die Chance, wieder Geschäfte mit dem Ausland zu tätigen. So wurden es nach und nach immer mehr Linien, die ihre Geschäfte nach Hamburg verlegten. Das allgemeine Verbot neuer Inbetriebnahme für Schiffe aller Art wurde im Sommer 1948 aufgehoben. Die Erlaubnis, versunkene Schiffe bis zu 1500 BRT zu heben, wurde ebenfalls aufgehoben, um sie zu reparieren. Und schließlich, Ende 1948, erlaubte der Potsdam-Vertrag Neubauten bis 1500 BRT.

Was lag da näher, als diesen Aufschwung mit einem Geschäftsessen zu feiern? Bruno Jansen, Geschäftsführer  der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler seit 1945, lud die Geschäftsführer der Mitgliedsunternehmen am 5. November 1948 zu einem Abendessen ein – teuer für die damalige Zeit, aber es war eine exquisite Mahlzeit und der Ort hatte ein unübertreffliches maritimes Flair – es war die M.S. „St. Louis“, die bei dem Altonaer Landungssteg vor Anker lag. Das Schiff hatte nach schweren Bombenschäden eine provisorische Reparatur erhalten und wurde jetzt als Hotel und Restaurant betrieben. Der Abend war ein voller Erfolg. 110 Schiffsmakler nahmen an dem schmackhaften norddeutschen Essen teil: Geflügelrahmsuppe, Seelachsschnitte vom Rost, verschiedene Salate, Wiener Schnitzel mit Vierländer Gemüse und Schloßkartoffeln, Schokoladen-Eiscrème.

Nach diesem erfolgreichen Abend waren sich alle einig, dass das Essen eine regelmäßige Veranstaltung werden sollte. Ein wenig früher im nächsten Jahr, am 29. Oktober 1949 folgte ein weiteres Essen, das der Geschäftsführer Bruno Jansen organisierte. Dieses Mal war es im Ratsweinkeller, und zum ersten Mal wurde Eisbein (oder alternativ Kassler) serviert mit Sauerkraut, Erbsenpüree, Kartoffeln und Speckstippe. Dieses traditionelle schmackhafte norddeutsche Gericht wurde gewählt, weil jetzt die mageren Jahre vorüber waren und die Nouvelle Cuisine noch unbekannt war.

Traditionell findet diese Veranstaltung nun jedes Jahr am 1. Freitag im November im Congress Centrum Hamburg (CCH)  statt und ist zu einer internationalen Begegnungsplattform für Schiffsmakler, Spediteure, Reeder, Terminalbetreiber, Banker, und allen, die direkt oder indirekt mit dem Verband verbunden sind, geworden. Das Treffen wird jedes Jahr von mehr als 5.000 Menschen aus rund 50 verschiedenen Ländern besucht.

Seit dem 40. Eisbeinessen haben Hamburger Bürgermeister und Senatoren regelmäßig diese wichtige maritime Veranstaltung besucht. Hochrangige Ministerialbeamte aus Berlin und Mitglieder des Bundestages werden ebenfalls als Gäste begrüßt.

Das Schiff des ersten Eisbeinessens

Die MS „ST. LOUIS“ und die Geschichte des Eisbeinessens

Mit einem Essen der Geschäftsführer und Inhaber der Mitgliedsfirmen der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten e.V. an Bord der MS „St. Louis“ begann die Geschichte des Eisbeinessens.

Die MS „St. Louis“ wurde 1928 beim Bremer Vulkan für die HAPAG als Kreuzfahrtschiff gebaut und kam im Linienverkehr Hamburg – New York zum Einsatz. In den Wintersaisons diente das Schiff als ein reiner Kreuzfahrer.

Die vorletzte Reise der MS „St. Louis“ ging im Mai 1939 mit 937 deutschen Juden nach Cuba. Obwohl alle Passagiere gültige Papiere besaßen, wurde ihnen die Einreise nach Havanna verweigert. Nach langen Verhandlungen ging es weiter in die USA, allerdings gab es auch dort keine Einreiseerlaubnis. Daraufhin fuhr die MS „St. Louis“ zurück nach Antwerpen, wo auch erst nach langen Verhandlungen eine Einigung erzielt werden konnte. In der Folge konnten die jüdischen Emigranten das Schiff verlassen und verteilten sich über verschiedene europäische Länder. Leider geriet die Mehrzahl der Emigranten im Kriegsverlauf wieder in den Herrschaftsbereich des NS-Regimes. Nach neuerer Forschung wurden 254 von ihnen im Holocaust ermordet.

Die letzte Reise der MS „St. Louis“ ging von Hamburg über New York und Murmansk nach Kiel, wo sie von 1940 bis 1944 als Wohnschiff für die Kriegsmarine lag. Nach schweren Bombenangriffen und Beschädigung des Achterschiffes wurde die MS „St. Louis“ 1946 nach Hamburg überführt und diente hier an den Altonaer Landungsbrücken bis 1950 als Hotelschiff.

Aus dieser Zeit stammt auch eines der wenigen im Archiv der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten e. V. gefundenen Erinnerungsstücke, die Speisenfolge vom 5. November 1948.

Treffpunkt des 1. Eisbeinessen auf dem Schiff St. Louis

Menü des 1. Eisbeinessen auf dem Schiff St. Louis